Die äusserst wandlungsfähigen Gravy Train, die in ihren frühen folkrockigen Momenten öfters an Jethro Tull erinnerten, wandelten sich von der ursprünglich recht progressiv ausgerichteten "Underground"-Band zu einer Heavy Rock Gruppe, die noch zu Mitte der 70er Jahre weitaus bessere Alben produzierte als so manch andere Band aus der Zeitspanne End 60er bis Mitt 70er. Gravy Train wurden 1969 in St. Helens in Lancashire gegründet. Der in Liverpool geborene John Hughes war ein klassisch ausgebildeter Pianist. Als Teenager spielte er in den 60er Jahren Saxophon in diversen Merseybeat Bands. Der Sänger, Gitarrist und Songwriter Norman Barratt spielte zuerst in den lokalen Bands The Hunters und Newtons Theory, bevor Gravy Train an den Start gingen. Mit Norman Barratt hatte die Band einen ausgezeichneten Sänger und Gitarristen in ihrer Mitte, und es war vor allem auf den ersten drei Alben auch John D. Hughes, der mit seiner Querflöte und seinen Saxophonklängen den Songs das gewisse Etwas verliehen. Gravy Train scheuten weder chartstaugliche Melodien ("Alone In Georgia", das auch als Single veröffentlicht wurde, stammt vom zweiten Album und ist ein wunderschöner Folkrock-Titel!), noch schreckten sie vor Longtracks zurück (brilliant: "das LP-seitenfüllende "Earl Of Pocket Nook" vom Debütalbum!). Ihr zweites, 1971 veröffentlichtes Werk "(The Ballad Of) A Peaceful Man" gilt als eine der rarsten Vertigo Swirl Scheiben und ist schlicht ein Traum. Auf diesem Album stand die Querflöte als Lead-Instrument noch stärker im Vordergrund als auf dem Debütalbum. Nachdem die Gruppe nach diesen beiden Alben hauptsächlich tourte, Vertigo ab 1972 den Fokus auf mehr Kommerz ausrichtete, wurde der Plattenvertrag nicht mehr verlängert. Gravy Train landeten dann bei Dawn Records und brachten dort ihr drittes Album "Second Birth" heraus. Auch wieder ein tolles Album, welches aber stärker auf kommerzielle Rockmusik ausgerichtet war, der Prog Anteil verschwand hier fast gänzlich. Das Label Dawn Records gehörte zum grösseren Pye Label und war eigentlich genau dafür geschaffen worden, mehr progressive Acts zu veröffentlichen. Man kann sagen, dass Gravy Train da in eine Falle tappten, denn das Album passte musikalisch eigentlich nicht grad gut zum Sound von Dawn Records. Es wurde von der Band auch mitproduziert und wies erstmals gewisse Schwächen auf. Es war leider auch nicht sonderlich erfolgreich. Trotzdem gab die Band nicht auf.
Die Band war bis dato ziemlich unzufrieden mit der Arbeit des Produzenten Jonathan Peel bei den ersten drei Alben, insbesondere dem Sound der Platten. Sie engagierten deshalb für ihr nächstes Album "Staircase To The Day" Vic Smith, der zu jener Zeit Peter Sarstedt produzierte und später mit The Jam arbeiten würde. Unter seiner Kontrolle arbeitete die Band viel euphorischer und bekam den Eindruck, dass ihr Potenzial viel stärker ausgeschöpft wurde. "Staircase To The Day" wurde abermals auf Dawn Records im Spätsommer 1974 veröffentlicht. Musikalisch passte es diesmal perfekt zum allseits bekannten Sound der Dawn Acts. Das Album wurde in den heute legendären Manor Studios aufgenommen und in ein fabelhaftes Cover von Roger Dean verpackt. Der LP Opener "Starbright Starlight" wurde später immer wieder mal in verschiedenen progressiven Samplern und Compilations untergebracht. Der Song, wie das gesamte Album, ist grosse Klasse, aber leider eher wenig bekannt geblieben. Nach diesem vierten Album folgten noch zwei weitere Singles, die ebenso erfolglos blieben wie "Starbright Starlight", worauf die Band 1975 desillusioniert das Handtuch warf. Über spätere Aktivitäten der Bandmitglieder ist wenig bekannt. Barratt spielte 1978 bei der Mandalaband auf deren zweitem und letzten Album die Gitarre, gründete dann die Barratt Band, die in den frühen 80er Jahren zwei Alben veröffentlichte, später noch zwei Soloalben ("Rock For All Ages", 1984 und "Barratt", 1988). Er starb 2011 an Komplikationen nach einer Operation. J.D Hughes war später Gründungsmitglied der New Soul Messengers, bei welchen er Keyboards, Saxophon und Gesang spielte. Gravy Train haben nie ein schlechtes Album veröffentlicht, sie hatten nur leider keinen nachhaltigen Erfolg. Das muss ja nicht zwangsläufig immer mit der Qualität der Musik zu tun haben, das haben ja auch zahllose andere Bands immer wieder bewiesen. Ich finde Gravy Train bis heute eine der besten Früh 70er Rock Bands.
Lieblingsalbum: (A Ballad Of A) Peaceful Man (1971)
Lieblingssongs: Starbright Starlight (1973), Alone In Georgia (1971), Earl Of Pocket Nook (1970)
Gravy Train (1970) (A Ballad Of A) Peaceful Man (1971) Second Birth (1973) Staircase To The Day (1974)
Der Wecker ist das Frühwarnsystem des kleinen Mannes, das Fahrwasser das Element der Meinungslosen und die Fußstapfen die Wegweiser für Mitläufer.
Die wunderbare Zumutung, selbst denken dürfen zu müssen.
Auch wenn sich das Bandgefüge durch personelle Wechsel veränderte, hat die Grupe nach meinem Geschmack vier stimmige Alben eingespielt. Markant war auch der Gesang von Norman Barrett.
Gravy Train (1970) (A Ballad Of A) Peaceful Man (1971) Second Birth (1973) Staircase To The Day (1974)