
James Last – Well Kept Secret // Plus (feat. Astrud Gilberto
Kürzlich stolperte ich mal wieder über einen Artikel der Ausgabe 08/24 des Musikmagazins MINT über Extremsammler. Einer der dort porträtierten Vinyl-Enthusiasten berichtete, dass er sage und schreibe über 300 James-Last-Platten sein Eigen nennt. Das Bemerkenswerte daran: Er ist kein großer Fan des 2015 verstorbenen Bandleaders, sondern sammelt die Tonträger der Easy-Listening-Ikone aus purer, unerschütterlicher Sammlerleidenschaft.
300 LPs des gebürtigen Hamburgers sind in der Tat eine beeindruckende, wenn nicht gar extreme Zahl. Mit einer solchen Menge kann ich zwar nicht dienen, doch auch in meiner Sammlung finden sich vier Scheiben von Hansi Last. Klassiker wie das obligatorische Weihnachtsalbum und die Live-Aufnahme "Live in London" sind natürlich dabei.
Doch der wahre Kern meiner Begeisterung liegt in zwei speziellen Alben, die ich immer wieder gerne auf den Plattenteller lege – echte Ausnahmen in seinem riesigen Œuvre. Zum einen ist das die Kollaborations-LP "Plus", die er gemeinsam mit der Jazz-Sängerin Astrud Gilberto (bekannt durch "The Girl from Ipanema") aufnahm. Zum anderen ist es das Album, das gerade auf meinem Plattenspieler läuft: "Well Kept Secret" aus dem Jahr 1975.
In vielen Kritiken liest man, dass James Last in seinen produktivsten Zeiten bis zu zwölf (!) LPs pro Jahr veröffentlichte. Man spricht oft nur von zwei wirklich herausragenden Werken: "Voodoo Party" (1971) und eben "Well Kept Secret". Meiner Meinung nach wird die dritte, ebenso großartige Scheibe mit Astrud Gilberto dabei zu Unrecht unterschlagen.
"Well Kept Secret" war 1975 der Versuch, Last und sein Orchester auf dem US-amerikanischen Markt zu etablieren. Das Album wurde eigens mit großem Aufwand in Los Angeles eingespielt, und das Ergebnis ist schlichtweg fantastisch. Was sich hier entfaltet, ist großartig arrangierter, jazziger Funk. Es ist alles vorhanden, was ich an anspruchsvoller Instrumentalmusik schätze: treibende Bläser, Gänsehaut erzeugende Streicher und eine spürbare musikalische Tiefe.
Ironischerweise floppte dieses ambitionierte Werk in den USA, und so unternahm James Last nie wieder einen Versuch, ein solch überzeugendes, stilistisch abweichendes Album aufzunehmen. Doch vielleicht liegt genau hierin der Grund, warum dieses Album – zusammen mit "Voodoo Party" und der Astrud Gilberto-Platte – einen solchen Ausnahmestatus in seiner Diskographie genießt.
Das Gros seiner über 190 Alben klingt, ob er nun Klassik spielt oder der leichten Muse frönt, oft ähnlich – es ist der typische, unverwechselbare Easy-Listening-Sound. Bei diesen drei Ausnahmen jedoch ist alles anders. James Last sind hier drei Werke gelungen, die musikalisch so überzeugend sind, dass sie meines Erachtens in keiner ernsthaften Schallplattensammlung fehlen sollten.
Apropos Extremsammeln: Ich bin zwar kein James-Last-Extremist, doch auch meine Sammlung weist beeindruckende Schwerpunkte auf, die zeigen, dass Leidenschaft keine Grenzen kennt. Meine LP-Sammlung umfasst mittlerweile knapp 600 Weihnachtsplatten und bestimmt doppelt so viel Live-Alben.